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Thomas Schriefers
Im Kopf des Architekten

04.09.2017 – 03.11.2017

Collagen im Raumrausch

Kölner Architekt Thomas Schriefers zeigt Bilder aus über 20 Jahren Schaffen 08.09.2017 – „Im Kopf des Architekten“ – so lautet der Titel der aktuellen Ausstellung des Künstlers undArchitekten Thomas Schriefers in der Kölner Galerie Kaune Contemporary. Schriefers zeigt hier einenQuerschnitt durch sein Schaffen mit frühen Bildwerken aus den 90ern bis in die Gegenwart. Zur Eröffnung der Ausstellung in der ehemaligen Klosterkapelle im Gereonskloster am 3. September 2017 sprach der Kunsttheoretiker Bazon Brock über die Collagekunst von Schriefers als „Sollbruchstellen in Kunstwerken“. Im Bild „Das Wunder der Kartoffelknolle – Collage auf Schulkarte“ von 2001 sah er einen deutlichen Gesellschaftsbezug: Die Collage zeigt eine Schulkarte zu Entwicklungsphasen der Kartoffel und einen Fußballspieler, der – ganz in der Dada-Tradition – aus technischen Geräten besteht, und einen vergleichsweise winzigen Affen, auf dem ein „Sold“-Schild klebt. Dieses frühe Werk von Schriefers, so Brock, thematisiere Züchtung, Genmanipulation und Entfremdung des Menschen und damit aktuelle philosophisch-gesellschaftliche Fragen. Man beachte dazu die wissenschaftlichen Forschungen am Erbgut des Menschen, denen zufolge es seit langem möglich ist, Menschen mit ausgesuchten Eigenschaften zu erzeugen. Hinzu komme die nicht geringer gewordene Technisierung unseres Alltags und Selbstverständnisses mit Smartphones und anderen elektronischen Geräten, erläuterte der frühere Kunstprofessor.

Viele Bilder in der Ausstellung thematisieren die Stadt und zeigen Gebäude in ihren räumlichen, aber auch historischen Perspektiven. Sie zeigen die Lust des Künstlers an Architektur und Raum: Schriefers spricht hier von „Raumrausch“, dem er im Prozess des Herstellens einer Collage verfällt, sich alle Freiheiten nehmend, die verschiedenen Artikulationsmöglichkeiten auszuschöpfen und miteinander in ein Verhältnis zu setzen. Dies wird sichtbar etwa in dem Bild „Die Schwebende Stadt“ und „Im Zentrum“. Zeitgenössische Architektur wird hier in Beziehung zu bekannten, historischen Bauwerken gesetzt, die für eine europäische Metropole stehen, darunter der Eiffelturm und die Mailänder Galleria Vittorio Emanuele II. Der Mensch ist in seinem Leben mit Bauwerken nie frei von seinem meist historisch vorgeprägten Verständnis von Schönheit, obwohl das aktuelle Empfinden für Ästhetik ein anderes ist. Für diese Widersprüche ist die Collage eine gute Form: Das Ergänzen von originalen Bildelementen erzeugt einen nicht aufgelösten Widerspruch und damit eine neue Bildaussage.

Die aktuelle Schriefers-Ausstellung ist jedoch auch ohne tiefgründige Betrachtung zu genießen: Die oft großformatigen, kontrastreichen, grafischen Bilder mit farbigem Kontrapunkt sind schön anzusehen; sie bieten immer wieder einen neuen Einstieg und vieles zu entdecken. Jedes Bild erzählt seine eigene Geschichte.

Die Ausstellung ist noch bis zum 3. November in der Kölner Galerie Kaune Contemporary, Gereonskloster 12, zu sehen. Am 12. Oktober um 18:30 Uhr findet in der Galerie ein Gespräch mit Thomas Schriefers über seine Arbeiten und über die Form der Collage statt.

 

Über den Künstler:

Thomas Schriefers wurde 1964 in Wuppertal geboren, lebt seit 1968 in Köln. Nach dem Architekturstudium an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen von 1983 bis 1990 war er Dozent an verschiedenen Instituten, darunter der Bergischen Universität Wuppertal, der Fachhochschule Köln und der Akademie der Architektenkammer NRW. 1995 folgte die Promotion an der RWTH Aachen bei Prof. Manfred Speidel. Seit 1998 ist Thomas Schriefers als Planer, Kurator, Dozent und Publizist selbstständig. Neben seinem Werken als Architekt und Künstler hat er sich einen Namen gemacht als Kenner von Weltausstellungen.

Text: Anne Böhl